Görlitzer Wehrmann: Unterschied zwischen den Versionen

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(Görlitzer Wehrmann)
 
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== Görlitzer Wehrmann ==
 
== Görlitzer Wehrmann ==
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Der [[Görlitzer Wehrmann]] war eine Holzplastik und der Name einer Stiftung, mit deren Hilfe während  des [http://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Weltkrieg Ersten Weltkrieges] Geld für deutsche Kriegsversehrte und Kriegswaisen eingesammelt wurde.
  
Der "Görlitzer Wehrmann", eine Gestalt die bisher keine richtige Rolle, oder nur immer am Rande erwähnt, in der Görlitzer Stadtgeschichte gespielt hat.
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Mit Kriegsabgaben an den Staat waren die Kommunen nicht selten überfordert. Um die Hilfe für Kriegsversehrte und Kriegswaisen zu organisieren traten zahlreiche karitative Organisationen auf den Plan, organisierten Geldsammlungen und verteilten diese Gelder an Bedürftige. Und hier kommt der Wehrmann, der "Wehrmann im Eisen" oder "Wehrmann in Eisen" ins Spiel
Es wird das Jahr [[1915]] geschrieben, der Erste Weltkrieg hat richtig Fahrt aufgenommen und ein Sieg hat den Nächsten abgelöst. Aber auch
 
immer mehr Meldungen über gefallene Soldaten für Kaiser und Vaterland zieren die Anzeigenseiten der Görlitzer lokalen Presse. Verwundete
 
Soldaten werden in den Heimatlazaretten versorgt und gepflegt. Karitative Einrichtungen bringen sich immer mehr bei der Unterstützung
 
von Verwundeten und vor allen Dingen bei der Hilfe für Kriegswaisen ein. Gelder der Stadt und des Landes fließen nur spärlich, der Krieg
 
steht an erster Stelle. In dieser Situation erreicht Deutschland eine in Österreich initiierte Aktion mit dem Namen "Wehrmann im Eisen" oder
 
"Wehrmann in Eisen". Auf eine alte Sage oder einem Mythos fußend werden in einen vorher streng thematisierten Gegenstand Nägel eingeschlagen
 
und für jeden eingeschlagenen Nagel wird ein Obulus bezahlt zur Fiananzierung einer bestimmten Sache. Mit der Aktion, die sich sehr schnell
 
über Deutschland und Östereich-Ungarn ausbreitete, sollte Geld gesammelt werden für die Kriegswaisen und die Kriegsverwundeten.
 
Görlitz steigt mit auf den Zug auf und im Juni [[1915]] beschließt der Magistrat der Stadt Görlitz eine Holzfigur zur Nagelung im Rathaus
 
aufzustellen.Über das Görlitzer Bauamt wurde der Bildhauermeister Hermann Riediger beauftragt eine solche Figur zu schaffen, Kostenpunkt,
 
nicht mehr als 1000,00 Mark. Hauptsponsor dieser Aktion war Kommerzienrat Dr. Weil. Im September [[1915]] war der "Görlitzer Wehrmann",ein
 
über zwei Meter großer Holzritter, fertiggestellt, im Alten Rathaus platziert und feierlich eingeweiht. Den ersten Nagel, einen goldenen Nagel,
 
schlug Oberbürgermeister Snay in den Wehrmann ein. Es folgte der gesamte Magistrat sowie Anwesende der Weihefeier. Die Nägel gab es in unter-
 
schiedlichen Preisklassen, zu 0,50, zu 1, zu 2, zu 10, zu 20, zu 50, der goldene Nagel zu 100 Mark.Euphorisch strömten nun die Görlitzer in das
 
Rathaus um sich an der Nagelung des "Görlitzer Wehrmannes" zu beteiligen. Schulklassen, Vereine, Innungen und ganze Kompanien der in Görlitz
 
und Umgebung stationierten Soldaten, besonders des Inf.Reg. 19 beteiligten sich an der Nagelung des Wehrmannes. Das "genagelte" Geld kam der
 
"Görlitzer Wehrmann-Stiftung" zu Gute und wurde auf Antrag der Bedürftigen ausgezahlt. Es liegen sehr viele solcher Bittgesuche vor, meist
 
von Familien deren Ernährer im Krieg geblieben war und wo jetzt die Söhne oder Töchter Kommunion oder Konfirmation hatten. Jeder der einen
 
Nagel erworben hatte wurde in die Zeichnungsliste der "Wehrmann-Stiftung" eingetragen mit Name, Tätigkeit und Zeichnungsbetrag.
 
Aus Unterlagen und Quellenstudium ist bekannt, dass auch sogenannte Schulnagelungen stattgefunden haben. Dort wurden selbstgefertigte
 
Gegenstände wie z.B. Schilde aus Holz genagelt. Bekannt ist solch eine Nagelung aus der ev. Volksschule Kohlfurt-Bahnhof wo ein Schild
 
mit einen stilisierten Eisernen Kreuz genagelt wurde. Diese Nagelaktionen liefen bis zum Jahre [[1916]]. Das Volksinteresse ließ merklich nach.
 
Gelder aus der "Wehrmann-Stiftung wurden in Görlitz noch bis in das Jahr 1924 auf Antrag ausgezahlt.Der "Görlitzer Wehrmann" soll dann noch bis 1945 im Alten Rathaus gestanden haben, danach soll er zerstört worden sein.
 
  
Wer noch mehr über den "Wehrmann in Eisen" wissen möchte der vertraue sich dem allwissenden Internet an.Dort findet er Seiten die sich noch detalierter mit diesem Thema beschäftigen und all die Städte aufgeführt werden in denen ein "Wehrmann in Eisen" stand.
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Ursprung dieser Spendenform war "Das Nageln hölzerner Symbole in dem sagenumwobenen [http://de.wikipedia.org/wiki/Stock-im-Eisen_%28Wien%29 "Stock im Eisen" in Wien]. Ein Fichtenstamm
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wurde im 16. Jahrhundert mit Nägeln benagelt. Bis zum 18. Jahrhundert wurde dieser Brauch in Wien fortgesetzt. Die erste Kriegsnagelung wurde am [[6. März]] [[1915]] in Wien durchgeführt. Die Nägel konnten erworben werden und wurden in Symbolfiguren eingeschlagen. (Quelle: Frau Dr.Munzel-Everling, Wiesbaden [[2008]]) Diese Nagelungsaktionen breiteten sich sehr schnell über Deutschland und Österreich/Ungarn aus.
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In Görlitz beschloss der [[Stadtrat|Magistrat]] sich auch an dieser Aktion zu beteiligen. Das Görlitzer Bauamt beauftragte im Juni [[1915]] einen Holzbildhauermeister, eine solche Figur zu schaffen. Der vorgelegte Kostenvoranschlag in geforderter Höhe von 1000 Mark stammte von dem Görlitzer Holzbildhauermeister Hermann Riediger und er zeigt einen stehenden Ritter mit Schild (Abb.2). Der Kostenvoranschlag wurde durch den Magistrat der Stadt Görlitz genehmigt. Am [[24. September]] [[1915]] fand die feierliche Einweihung des "Görlitzer Wehrmann" in Anwesenheit aller Görlitz Honorationen statt und [[Oberbürgermeister]] [[Georg Snay]] schlug den ersten Nagel, einen Goldenen, in den Wehrmann ein.
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Der "Neue Görlitzer Anzeiger" schreibt dazu am 24. September [[1915]]: " So lassen Sie uns dieser Aufgabe gerecht werden und ihr gern Opfer bringen. Der Görlitzer Wehrmann steht bereit, diese für den edlen Zweck entgegenzunehmen. Sie sollen in Nägeln bestehen, die wir in seine Rüstung schlagen wollen. Der Ertrag der Nagelung soll der Fürsorge für Görlitzer Kriegswaisen gewidmet sein, deren Väter im Kriege fielen, oder ihre Erwerbskraft einbüßten."
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Nägel konnten zum Preis von 50 Pfennigen bis zu 100 Mark erworben werden. Diese Nägel waren auch verschiedenartig farblich gestaltet.
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Bekannte gutbetuchte Görlitzer Bürger spendeten öfters größere Summen um gerade bedürftigen Schülern das Nageln, gemeinsam mit ihrer Schulklasse, zu ermöglichen.
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Zur Nagelung erschienen Einzelpersonen, Familien, Vereine und Verbände häufig geschlossen zu dieser Aktion, auch Militäreinheiten, gerade
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die Soldaten des Görlitzer Inf. Reg. 19 beteiligten sich geschlossen an einer Nagelaktion. Hierbei kann vermerkt werden, dass nach dem Ersten Weltkrieg 2 032 Soldaten des Inf.Reg.19 für "Kaiser und Vaterland" ihr Leben im Felde gelassen hatten.
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Aus den Quellen ist ersichtlich, dass nach dem Abschluß der Nagelaktion Ende Januar [[1916]] durch die Stiftung "Görlitzer Wehrmann" 61000 Mark bekanntgegeben wurde. Bis in das Jahr [[1924]] wurden aus dieser Stiftung Hilfsbeträge an bedürftige Kriegswaisen und Kriegsversehrte ausgezahlt.
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Görlitz hatte 2 278 gefallene Soldaten zu beklagen. Es gab auch "Schulnagelungen", bei denen an Schulen selbsthergestellte Symbole genagelt wurden. Aus dem Görlitzer [[Gymnasium Augustum]] und aus der evangelischen Volksschule in Kohlfurt-Bahnhof ist derartiges bekannt.
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Das ruhmlose Ende des Görlitzer Wehrmann wird so geschildert: "13.05.45, 4.Magistratssitzung, - Russe dringt (in das Rathaus) ein und
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schießt den eisernen Wehrmann ab, hält ihn für SS-Mann - kommt dann ins Sitzungszimmer, Dolmetscher Freiberger beruhigt ihn, Gatter gibt
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ihm Zigaretten - trottelt fröhlich und beruhigt ab - Wie ein großes Kind."
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Damit ist das Thema "Görlitzer Wehrmann" beendet.
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Quellen:
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Wikipedia;
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Zeitungsarchiv OLBW Görlitz;
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[[Ratsarchiv]] der Stadt Görlitz;
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Städt.Kunstsammlungen, Reihe Heft 14;
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[[Fotomuseum]] Görlitz;
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Einzelpersonen
  
 
== Fotos zum Görlitzer Wehrmann ==
 
== Fotos zum Görlitzer Wehrmann ==
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Bild:Wehrmann1.jpg|Gasbeleuchtetes Plakat auf der [[Rathaustreppe|Rathauskanzel]]
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Bild:Wehrmann2.jpg|Görlitzer Wehrmann in der Vorhalle des Alten [[Rathaus]]es
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Bild:Wehrmann3.jpg|Postkarte "Görlitzer Wehrmann"
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Bild:Wehrmann4.jpg|Aufruf zur Nagelung des Görlitzer Wehrmann
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Bild:Wehrmann5.jpg|Zeichnungsliste der "Wehrmann-Stiftung"
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[[Kategorie:Kultur]]

Aktuelle Version vom 11. Oktober 2020, 01:33 Uhr

Görlitzer Wehrmann

Der Görlitzer Wehrmann war eine Holzplastik und der Name einer Stiftung, mit deren Hilfe während des Ersten Weltkrieges Geld für deutsche Kriegsversehrte und Kriegswaisen eingesammelt wurde.

Mit Kriegsabgaben an den Staat waren die Kommunen nicht selten überfordert. Um die Hilfe für Kriegsversehrte und Kriegswaisen zu organisieren traten zahlreiche karitative Organisationen auf den Plan, organisierten Geldsammlungen und verteilten diese Gelder an Bedürftige. Und hier kommt der Wehrmann, der "Wehrmann im Eisen" oder "Wehrmann in Eisen" ins Spiel

Ursprung dieser Spendenform war "Das Nageln hölzerner Symbole in dem sagenumwobenen "Stock im Eisen" in Wien. Ein Fichtenstamm wurde im 16. Jahrhundert mit Nägeln benagelt. Bis zum 18. Jahrhundert wurde dieser Brauch in Wien fortgesetzt. Die erste Kriegsnagelung wurde am 6. März 1915 in Wien durchgeführt. Die Nägel konnten erworben werden und wurden in Symbolfiguren eingeschlagen. (Quelle: Frau Dr.Munzel-Everling, Wiesbaden 2008) Diese Nagelungsaktionen breiteten sich sehr schnell über Deutschland und Österreich/Ungarn aus.

In Görlitz beschloss der Magistrat sich auch an dieser Aktion zu beteiligen. Das Görlitzer Bauamt beauftragte im Juni 1915 einen Holzbildhauermeister, eine solche Figur zu schaffen. Der vorgelegte Kostenvoranschlag in geforderter Höhe von 1000 Mark stammte von dem Görlitzer Holzbildhauermeister Hermann Riediger und er zeigt einen stehenden Ritter mit Schild (Abb.2). Der Kostenvoranschlag wurde durch den Magistrat der Stadt Görlitz genehmigt. Am 24. September 1915 fand die feierliche Einweihung des "Görlitzer Wehrmann" in Anwesenheit aller Görlitz Honorationen statt und Oberbürgermeister Georg Snay schlug den ersten Nagel, einen Goldenen, in den Wehrmann ein. Der "Neue Görlitzer Anzeiger" schreibt dazu am 24. September 1915: " So lassen Sie uns dieser Aufgabe gerecht werden und ihr gern Opfer bringen. Der Görlitzer Wehrmann steht bereit, diese für den edlen Zweck entgegenzunehmen. Sie sollen in Nägeln bestehen, die wir in seine Rüstung schlagen wollen. Der Ertrag der Nagelung soll der Fürsorge für Görlitzer Kriegswaisen gewidmet sein, deren Väter im Kriege fielen, oder ihre Erwerbskraft einbüßten." Nägel konnten zum Preis von 50 Pfennigen bis zu 100 Mark erworben werden. Diese Nägel waren auch verschiedenartig farblich gestaltet. Bekannte gutbetuchte Görlitzer Bürger spendeten öfters größere Summen um gerade bedürftigen Schülern das Nageln, gemeinsam mit ihrer Schulklasse, zu ermöglichen. Zur Nagelung erschienen Einzelpersonen, Familien, Vereine und Verbände häufig geschlossen zu dieser Aktion, auch Militäreinheiten, gerade die Soldaten des Görlitzer Inf. Reg. 19 beteiligten sich geschlossen an einer Nagelaktion. Hierbei kann vermerkt werden, dass nach dem Ersten Weltkrieg 2 032 Soldaten des Inf.Reg.19 für "Kaiser und Vaterland" ihr Leben im Felde gelassen hatten. Aus den Quellen ist ersichtlich, dass nach dem Abschluß der Nagelaktion Ende Januar 1916 durch die Stiftung "Görlitzer Wehrmann" 61000 Mark bekanntgegeben wurde. Bis in das Jahr 1924 wurden aus dieser Stiftung Hilfsbeträge an bedürftige Kriegswaisen und Kriegsversehrte ausgezahlt. Görlitz hatte 2 278 gefallene Soldaten zu beklagen. Es gab auch "Schulnagelungen", bei denen an Schulen selbsthergestellte Symbole genagelt wurden. Aus dem Görlitzer Gymnasium Augustum und aus der evangelischen Volksschule in Kohlfurt-Bahnhof ist derartiges bekannt. Das ruhmlose Ende des Görlitzer Wehrmann wird so geschildert: "13.05.45, 4.Magistratssitzung, - Russe dringt (in das Rathaus) ein und schießt den eisernen Wehrmann ab, hält ihn für SS-Mann - kommt dann ins Sitzungszimmer, Dolmetscher Freiberger beruhigt ihn, Gatter gibt ihm Zigaretten - trottelt fröhlich und beruhigt ab - Wie ein großes Kind." Damit ist das Thema "Görlitzer Wehrmann" beendet.

Quellen: Wikipedia; Zeitungsarchiv OLBW Görlitz; Ratsarchiv der Stadt Görlitz; Städt.Kunstsammlungen, Reihe Heft 14; Fotomuseum Görlitz; Einzelpersonen

Fotos zum Görlitzer Wehrmann