Görlitzer Wehrmann

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Görlitzer Wehrmann

Der Görlitzer Wehrmann war eine Holzplastik und der Name einer Stiftung, mit deren Hilfe während des Ersten Weltkrieges Geld für deutsche Kriegsversehrte und Kriegswaisen eingesammelt wurde.

Mit Kriegsabgaben an den Staat waren die Kommunen nicht selten überfordert. Um die Hilfe für Kriegsversehrte und Kriegswaisen zu organisieren traten zahlreiche karitative Organisationen auf den Plan, organisierten Geldsammlungen und verteilten diese Gelder an Bedürftige. Und hier kommt der Wehrmann, der "Wehrmann im Eisen" oder "Wehrmann in Eisen" ins Spiel

Ursprung dieser Spendenform war "Das Nageln hölzerner Symbole in dem sagenumwobenen "Stock im Eisen" in Wien. Ein Fichtenstamm wurde im 16. Jahrhundert mit Nägeln benagelt. Bis zum 18. Jahrhundert wurde dieser Brauch in Wien fortgesetzt. Die erste Kriegsnagelung wurde am 6. März 1915 in Wien durchgeführt. Die Nägel konnten erworben werden und wurden in Symbolfiguren eingeschlagen. (Quelle: Frau Dr.Munzel-Everling, Wiesbaden 2008) Diese Nagelungsaktionen breiteten sich sehr schnell über Deutschland und Österreich/Ungarn aus.

In Görlitz beschloss der Magistrat sich auch an dieser Aktion zu beteiligen. Das Görlitzer Bauamt beauftragte im Juni 1915 einen Holzbildhauermeister, eine solche Figur zu schaffen. Der vorgelegte Kostenvoranschlag in geforderter Höhe von 1000 Mark stammte von dem Görlitzer Holzbildhauermeister Hermann Riediger und er zeigt einen stehenden Ritter mit Schild (Abb.2). Der Kostenvoranschlag wurde durch den Magistrat der Stadt Görlitz genehmigt. Am 24. September 1915 fand die feierliche Einweihung des "Görlitzer Wehrmann" in Anwesenheit aller Görlitz Honorationen statt und Oberbürgermeister Georg Snay schlug den ersten Nagel, einen Goldenen, in den Wehrmann ein. Der "Neue Görlitzer Anzeiger" schreibt dazu am 24. September 1915: " So lassen Sie uns dieser Aufgabe gerecht werden und ihr gern Opfer bringen. Der Görlitzer Wehrmann steht bereit, diese für den edlen Zweck entgegenzunehmen. Sie sollen in Nägeln bestehen, die wir in seine Rüstung schlagen wollen. Der Ertrag der Nagelung soll der Fürsorge für Görlitzer Kriegswaisen gewidmet sein, deren Väter im Kriege fielen, oder ihre Erwerbskraft einbüßten." Nägel konnten zum Preis von 50 Pfennigen bis zu 100 Mark erworben werden. Diese Nägel waren auch verschiedenartig farblich gestaltet. Bekannte gutbetuchte Görlitzer Bürger spendeten öfters größere Summen um gerade bedürftigen Schülern das Nageln, gemeinsam mit ihrer Schulklasse, zu ermöglichen. Zur Nagelung erschienen Einzelpersonen, Familien, Vereine und Verbände häufig geschlossen zu dieser Aktion, auch Militäreinheiten, gerade die Soldaten des Görlitzer Inf. Reg. 19 beteiligten sich geschlossen an einer Nagelaktion. Hierbei kann vermerkt werden, dass nach dem Ersten Weltkrieg 2 032 Soldaten des Inf.Reg.19 für "Kaiser und Vaterland" ihr Leben im Felde gelassen hatten. Aus den Quellen ist ersichtlich, dass nach dem Abschluß der Nagelaktion Ende Januar 1916 durch die Stiftung "Görlitzer Wehrmann" 61000 Mark bekanntgegeben wurde. Bis in das Jahr 1924 wurden aus dieser Stiftung Hilfsbeträge an bedürftige Kriegswaisen und Kriegsversehrte ausgezahlt. Görlitz hatte 2 278 gefallene Soldaten zu beklagen. Es gab auch "Schulnagelungen", bei denen an Schulen selbsthergestellte Symbole genagelt wurden. Aus dem Görlitzer Gymnasium Augustum und aus der evangelischen Volksschule in Kohlfurt-Bahnhof ist derartiges bekannt. Das ruhmlose Ende des Görlitzer Wehrmann wird so geschildert: "13.05.45, 4.Magistratssitzung, - Russe dringt (in das Rathaus) ein und schießt den eisernen Wehrmann ab, hält ihn für SS-Mann - kommt dann ins Sitzungszimmer, Dolmetscher Freiberger beruhigt ihn, Gatter gibt ihm Zigaretten - trottelt fröhlich und beruhigt ab - Wie ein großes Kind." Damit ist das Thema "Görlitzer Wehrmann" beendet.

Quellen: Wikipedia; Zeitungsarchiv OLBW Görlitz; Ratsarchiv der Stadt Görlitz; Städt.Kunstsammlungen, Reihe Heft 14; Fotomuseum Görlitz; Einzelpersonen

Fotos zum Görlitzer Wehrmann